«Mit einem Hund zurück ins Leben!»

    Die professionell ausgebildeten Hunde der gemeinnützigen Stiftung Simpera im zürcherischen Flaach erleichtern Kindern und Erwachsenen mit physischen und/oder psychischen Einschränkungen oder Behinderungen den Alltag. Die Betroffenen überwinden dabei Hürden und Grenzen mit Unterstützung der gut ausgebildeten Hunde und ihre Teilnahmen am gesellschaftlichen Leben wird so vereinfacht. Marc Fehlmann, Präsident und Gründer der Stiftung Simpera, hat sich damit einen Lebenstraum verwirklicht und gibt Einblick in den vielfältigen Aufgabenbereich seiner Stiftung sowie das Arbeiten mit den Hunden.

    (Bilder: zVg) Marc Fehlmann, Präsident und Gründer der Stiftung Simpera: «Die Stiftung soll stetig wachsen.»

    Wie ist die gemeinnützige Stiftung Simpera entstanden?
    Marc Fehlmann: Durch meine eigene Seheinschränkung weiss ich aus eigener Erfahrung, welche grosse Hilfe im Alltag ein Hund erbringt. Meine Passion, Hunde zu trainieren und meine eigene Betroffenheit waren schon vor 20 Jahren der Motivator, dieses Know-how zum Beruf werden zu lassen. Mit der Gründung der Stiftung Simpera habe ich mir einen Traum erfüllt, eine eigene kleine, feine Schule führen zu dürfen. Nachdem ich über 10 Jahre eine andere Stiftung initiierte und aufbaute, in welcher nebst der Hundeausbildung auch noch Therapiepferde ausgebildet wurden, wünschte ich mir, vermehrt wieder Hunde zu trainieren und einen kleineren Betrieb zu managen. Ich habe daher den Schritt nochmals gewagt und die Stiftung Simpera gegründet.

    In Ihrer Stiftung werden Blindenführhunde, Assistenzhunde, Autismusbegleithunde sowie Therapiehunde ausgebildet. Woher stammen die Tiere und wie lange dauert eine solche Ausbildung?
    Wir bilden Blindenführhunde, Assistenzhunde, Autismusbegleithunde sowie Tiergestützte Therapiebegleithunde aus. Wir arbeiten eng mit ausgewählten Züchtern zusammen, deren Rassen sich für die Arbeit mit Hunden eignen. Sie kennen dank guter Zusammenarbeit unsere Bedürfnisse bezüglich der Hunde. Wir planen auch, künftig eine eigene Zucht aufzubauen, um auf die grosse Nachfrage zu reagieren. Dies bedingt allerdings viel Zeit, Platz und Finanzen. Die Ausbildung eines Hundes dauert rund 6 bis 9 Monate. Die Junghunde sind 1 bis 1,5 Jahre bei Paten, welche durch uns geschult und betreut werden.

    Spiel und Spass gehören für die Hunde ebenso dazu wie die Verantwortung.

    Was benötigt ein Hund, um den Anforderungen als Ausbildungshund zu genügen?
    Die Hunde müssen absolut gesund sein, gesunde Gelenke und Augen haben und gut sozialisiert sowie gesellschaftsverträglich sein. Die Tiere müssen selbstständig im Team mit dem Menschen mit Behinderung zusammenarbeiten. Prioritär bei den Ausbildungen ist, dass die Tiere mit Freude und Spass arbeiten und trotz allem Hunde bleiben dürfen – ihr Hundewesen wurde lediglich zusätzlich professionell geschult.

    Wie bleiben die Tiere trotz grosser Verantwortung Hunde?
    In dem sie artgerecht gehalten werden und ihr Frauchen oder Herrchen sich mit ihnen intensiv beschäftigt und viel Zeit in ihre Pflege sowie Spiel und Spass mit den Tieren investiert. Wichtig sind, ausgedehnte Spaziergänge über Feld und Wiesen sowie im Wald, wo sie einfach Hund sein dürfen. Dabei engagieren sich unsere Mitarbeitenden, damit auch die Halterinnen und Halter – die Menschen mit Handicap – korrekt geschult und instruiert werden. Ebenso wichtig sind unsere stetigen Nachbetreuungen und Besuche der Gespanne.

    Was passiert mit ungeeigneten Hunden oder Senioren-Hunde?
    Wir suchen jeweils gute Plätze, wo sie den Lebensabend verbringen dürfen, ohne zu arbeiten. Es werden auch für Hunde, welche die Ausbildungen nicht schaffen, geeignete Plätze gesucht, wo sie ihren Neigungen entsprechend gefördert werden und eventuell als Besuchshunde oder Familienhunde tolle Arbeit leisten.

    Die Hunde erleichtern Kindern und Erwachsenen mit physisch und psychischen Einschränkungen den Alltag. Wie bieten sie hier Unterstützung?
    Das kommt jeweils auf die einzelnen Bedürfnisse der betroffenen Menschen an. Bei einer Person, welche Mühe hat, sich in der Gesellschaft frei zu bewegen, kann ein Hund wertvolle Unterstützung leisten –alleine schon durch seine Anwesenheit. Bei Kindern mit Autismus helfen die Hunde, indem sie mittels Kontakt Sicherheit, Stabilität und Vertrauen schaffen. Die Liste könnte unendlich verlängert werden.

    Wie grosse ist die Nachfrage nach Ausbildungshunden?
    Die Nachfrage nach tiergestützten Therapien sowie nach der Ausbildung von Assistenz-, Blindenführ- und Autismus-Begleithunden ist hoch. Die Wartelisten in der Schweiz belaufen sich auf rund 1 bis 2 Jahre, je nach Schule. Wir haben heute mehr Anfragen, als dass wir Hunde ausbilden und platzieren können. Dennoch schliessen wir hier die Lücke der Wartezeiten. Wir möchten künftig durch das zusätzliche Einstellen von Instruktoren und den Ausbau des aktuellen Hundegebäudes unser Angebot kontinuierlich ausbauen.

    Wie freunden sich die Hunde mit «ihrem Menschen» an?
    Hunde sind kontaktfreudige und fröhliche Wesen, welche schnell auf Menschen zugehen. Der Hund begegnet dem Menschen unbefangen, bewertungsfrei und wendet sich ihm freudig und hingebungsvoll zu. Oftmals gelingt es dem Hund, in kürzester Zeit Verbindung aufzunehmen, Vertrauen zu schaffen und das Eis zu brechen. Der Hund nimmt durch die Interaktion zugleich die Stimmung des Menschen auf und versucht auszugleichen. Allerdings muss der Mensch auch dem Hund das nötige Vertrauen entgegenbringen.

    Sie bieten auch ein «Selbstausbildung-Programm» an. Was muss man sich darunter vorstellen?
    Dabei wird der Hund bereits als Welpe oder Junghund abgegeben und das Gespann von uns ausgebildet. Hier können wir, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, für die Hunde die Umplatzierungen ersparen. Dies erfordert ein grosses Engagement der Menschen mit Handicap, was sicherlich nicht für jeden in Frage kommt.

    Hat die Pandemie, die Arbeit mit Hunden und Menschen tangiert respektive erschwert?
    Ja die Trainings mussten täglich auf die aktuellen Bestimmungen angepasst werden. Die Maskenpflicht hat den Hunden etwas zu schaffen gemacht, da die Wortlaute sowie Gesichtsausdrücke für die Hunde so anders sind.

    Wie wird die Stiftung Simpera finanziert?
    Die Stiftung Simpera finanziert sich durch Spendengelder, Legate und Zuwendungen.

    Was wünschen Sie sich für die Stiftung Simpera für die Zukunft?
    Für die Stiftung Simpera wünsche ich mir, dass wir noch zwei Instruktorinnen oder Instruktoren zusätzlich anstellen können, um die Wartezeiten etwas zu verkürzen. Ein grosses Anliegen ist mir auch, das aktuelle Hundehaus zu sanieren und weitere Hundezimmer mit Auslauf realisieren zu können. Unsere Stiftung soll stetig wachsen und soll zu einer kleinen innovativen Ausbildungsstätte werden, wo das Wohl der Hunde an oberster Stelle steht.

    Interview: Corinne Remund


    Simpera – Helfer auf vier Pfoten

    Der Sitz der Stiftung Simpera befindet sich in Flaach, im schönen Zürcher Weinland, mitten im Naherholungsgebiet. Die vorhandene Infrastruktur bietet optimale Voraussetzungen, um tiergestützte Einsätze durchzuführen. Auch für die Unterbringung der Hunde sowie für einzelne Ausbildungs-Einheiten eignen sich die bestehenden Räumlichkeiten mit der dazugehörenden Umgebung der Liegenschaft optimal. Die umliegenden Dörfer und die rasch erreichbaren Städte Winterthur, Schaffhausen und Zürich ermöglichen das Absolvieren von weiteren anspruchsvollen Trainings-Sequenzen.
    Simpera bietet Angebote im Bereich der tiergestützten Therapie sowie in der Ausbildung von Assistenz-, Blindenführ- und Autismus-Begleithunden an. Mit ihrem Angebot verhilft Simpera Menschen mit physischen und/oder psychischen Einschränkungen oder Behinderungen.

    www.simpera.ch

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